транзи́т Болга́рия


Es ist merkwürdig, wieviel sich ändert, einzig und allein, weil man eine Grenze passiert. Hier zwischen dem rumänischen Giurgiu und dem bulgarischen Pyce südlich der Donau überqueren wir die beeindruckende, gigantische Grenzbrücke und müssen erstmalig auf dieser Reise den Ausweis zeigen. Von Null auf Hundert stehen wir sprachtechnisch richtig doof da. Jedes gelernte rumänische Wort können wir ab jetzt wieder streichen. Wir fallen aufs Kyrillische rein und bemerken erst später, dass die Stadt Pyce nicht ‚Pisse‘, sondern ‚Russe‘ ausgesprochen wird. Wir können auf einmal nichts lesen und das lässt die Sprache direkt viel exotischer wirken. Von Russe nach Lesovo an der Grenze zur Türkei sind es nur etwa 300 km. Da lohnt es sich nicht mal, den kleinen Vokabelzettel auswendig zu lernen, allein schon der mangelnden Anzahl an Kontakten wegen.

 

In der ohnehin dünn besiedelten Landschaft wirken die Dörfer im Sowjetstil oft trist und tot. Betriebe, Schulen und Läden sind geschlossen. Der Rasen der Dorf- und Spielplätze ist gemäht, aber niemand hält sich darauf auf. Kinder, überhaupt Menschen sehen wir in den Dörfern kaum. Waren doch gestern die kleinen Dörfer in Rumänien noch voll, saßen gestern noch die Menschen vor ihren Grundstücken auf den Bänken. Die Häuser sind auf einmal grau und die Straßen ziemlich leer.

Bulgarien erscheint uns nach Rumänien sehr ordentlich. Mülltonnen sind vorhanden und der Müll landet dort auch tatsächlich. Wir stören uns nicht daran, dass wir außer Natur kaum etwas mitbekommen von Bulgarien. Im Gegenteil- wir genießen die Natur und den frischen Asphalt unter den Rädern. Anfangs weite Felder, später Hügel voller Himbeerplantagen, schließlich die schöne Landschaft des Balkangebirges. Wir entspannen uns, denn hier rasen keine Hunde mehr auf uns zu. Und je weiter wir in bergiges Land radeln, desto mehr wird der Sowjetbau von alten Holzhütten abgelöst. Im Bergdorf schütteln wir die dreckige Hand des weißbärtig überwucherten Alten in Blaumann. Sein Lachen ist zahnlos und er hält uns offensichtlich für verrückt. Wir jedoch finden, dass wir eindeutig weniger verrückt wirken als er.

 

Kotel im Balkangebirge ist anders- volle Kanne anders. Romadorf. Das Straßenbild wechselt, die Straßen sind gefüllt, das Leben spielt sich wieder draußen ab. Straßengetummel. Aber auch offensichtliche Armut, Blechdach-Baracken-Behausungen, unbefestigte Straßen und volle Kanne zugemüllt. Der Fluss trägt den Müll noch kilometerweit mit sich mit, bis der letzte Fetzen in den Uferbüschen hängengeblieben ist. Sehr auffällig ist die Trennung der Bevölkerung, sehr abrupt. Schon in Rumänien gesehen, jetzt in Bulgarien wieder zu beobachten. Roma-Vorstadtsiedlung oder einzelne Ortschaften. Unangenehm sich einzustehen, kommen dennoch Vorurteile auf und auch ein Gefühl von Unsicherheit. Das Gefühl, dass hier in dem Ort eigene Gesetze herrschen. Hier legt sich das Unwohlsein schnell, denn hier werden wir angelächelt. In der rumänischen Siedlung war das nicht der Fall, da gab es eine Drohgebärde, die doch ein Weilchen nachgewirkt hatte.

Roma, die unter sich bleiben. Oder unter sich bleiben müssen? Oder ist die ‚Wahrheit‘ irgendwie dazwischen? Gefühle und Fragen, die in uns aufkommen. Da müssen wir uns doch noch mal näher mit befassen.

 

Transitland Bulgarien, nur ein kurzer Besuch. Für uns Land schöner Natur, vieler Neskaffee-Kaffeeautomaten und etlicher Trinkwasserquellen.